Stütze für Patienten: Die Grünen Damen am Kreiskrankenhaus
Aktuelles und Pressemitteilungen | 07.03.2025
Heppenheim. Grün ist nicht nur Bestandteil ihres Namen, sondern auch ihr Kittel: Die Grünen Damen am Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim sind so etwas wie die guten Geister der Klinik. Ihr ehrenamtlicher Auftrag: Patienten besuchen. Was zunächst einfach klingt, ist es nicht immer.
„Es braucht vor allem eine gewisse seelische Robustheit“, sagt Ulla Klein, die zusammen mit Dagmar Färber-Drews das Team am Kreiskrankenhaus leitet. „Wir bekommen einiges an sehr harten Schicksalen mit.“ Nicht umsonst müssen die Bewerber für den Dienst zunächst hospitieren und auch einen zehnwöchigen Besuchsseelsorgekurs absolvieren. Nicht jeder ist für diese Art des Besuchsdienst geeignet.
„Wir hatten einmal eine Kandidatin, die Beklemmungen bekam, wenn sie ins Zimmer gehen sollte. Da kann sich kein gutes Gespräch entwickeln“, berichtet Färber-Drews. Die Themen, die mit den Patienten besprochen werden, können vielfältig sein. „Bei Männern geht es oft in Richtung Fußball“, sagt Klein schmunzelnd. Entsprechend müsse man nicht nur Zuhören können, sondern auch Allgemeinwissen mitbringen.
„Die Themen sollen die Patienten gerne ablenken, von den Schmerzen wegführen. Oft ist auch das Familienfoto auf dem Nachttisch ein Gesprächsöffner“, berichtet Färber-Drews. Damit komme man auch über ein schnelles „Ach ne, mir geht’s eigentlich gut“ hinweg, denn: „Uneigentlich geht es eben nicht gut.“
Mit Fremden zu sprechen, fällt vielen Patienten leichter
Die beiden Grünen Damen haben die Erfahrung gemacht, dass es vielen Patienten leichter fällt, mit jemand Fremden über Sorgen zu sprechen, die sie nicht mit der Familie teilen wollen, etwa wenn der Partner zu Hause auch krank ist und die Patienten nicht wüssten, wie es nun weitergehen soll. Die Krankenhausseelsorgerin Pfarrerin Steffi Beckmann kennt das: „Bei rund einer Woche Liegezeit im Krankenhaus sieht man sich nicht wieder, da kann man offener sprechen.“ Außerdem unterliegen die Damen der Schweigepflicht.
Beckmann unterstützt die Grünen Damen, gemeinsam mit ihrem katholischen Kollegen Johannes Stauder, bei ihrer Arbeit. Sie legt aber Wert darauf, dass sich das Team eigenständig verwaltet. Die Damen hätten die Freiheit zu sagen, dass sie nicht alle Patienten besuchen konnten. Manchmal reiche auch ein Patient. „Wir kommen öfters zum Mittagessen dazu, sprechen dann miteinander. Das ist dann auch Psycho-Hygiene“, wie Beckmann es nennt.
Wenn ich hier rausgehe, möchte ich die Dinge hier lassen können.
Dagmar Färber-Drews
Grüne Dame am Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim
Das sei auch notwendig, sagt Färber-Drews: „Wenn ich hier rausgehe, möchte ich die Dinge hier lassen können.“ Immer wenn sie ein Patientenzimmer verlasse, hole sie erstmal tief Luft. Manchmal nehme man aber doch etwas mit. Da helfe es, sich im Team darüber auszutauschen. Klein pflichtet ihr bei: „Tür schließen, kurz sammeln, Haken dran machen, um ins nächste Zimmer zu gehen - sonst ist man nicht 100 Prozent beim nächsten Patienten.“
Den Besuchsdienst gibt es bereits seit Gründung des Krankenhauses in den 80er Jahren. Damals kam die Idee aus den USA herüber. „Dort nennen sie sich allerdings ,Pink Ladies’“, weiß Beckmann. Die Grünen Damen gebe es an fast allen Krankenhäusern, wobei es an vielen Kliniken inzwischen keinen hauptamtlichen Besuchsdienst mehr gebe. Sie meint damit Seelsorger wie sich und ihren Kollegen. Soweit sei es in Heppenheim zum Glück noch nicht: Sie hat eine volle Stelle, ihr Kollege eine halbe.
Der Besuchsdienst ist überkonfessionell
Die Grünen Damen sind unter der Woche täglich von 9 bis 12 Uhr in den Abteilungen zu zweit oder dritt unterwegs. Insgesamt sind es zwölf Damen und ein Herr, die sich abwechseln. „Die meisten von uns sind Rentner“, sagt Ulla Klein. Sonst könne man die Zeit auch gar nicht aufbringen. Pfarrerin Beckmann erläutert, dass es auch Damen gibt, die sonntags vorbeischauen: „Die holen dann Patienten zu Gottesdiensten ab.“ An Ostern oder Weihnachten versammelten sich dann 20 bis 30 Personen in der Krankenhauskapelle. „Da ist es gut, wenn eine Grüne Dame dabei ist, falls jemandem schlecht wird oder er ins Zimmer zurück muss.“
Generell sei der Dienst überkonfessionell: „Wir fragen nicht nach der Religion. Gerade vor ein paar Tagen hatten wir einen jüdischen Patienten für den wir den Kontakt zur jüdischen Gemeinde in Darmstadt hergestellt haben.“ Auch mit ausländischen Patienten werde gesprochen, und wenn es an der Sprache hapert, auch auf Englisch. „Da haben wir keine Berührungsängste“, sagt Klein. Und bei Ukrainern gebe es die Möglichkeit auf Ukrainisch sprechendes Personal zu verweisen.
Wer sich für den ehrenamtlichen Besuchsdienst im Kreiskrankenhaus Bergstraße interessiert, der kann sich bei Dagmar Färber-Drews unter der Telefonnummer 0176-74722884 melden.
Von Thomas Riedel