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Wie das Kreiskrankenhaus von der Sprachenvielfalt profitiert

Aktuelles und Pressemitteilungen | 09.04.2025

Heppenheim. Gerade im Bereich der medizinischen Versorgung ist gegenseitiges Verständnis wichtig. Sprache ist für die richtige Behandlung der Schlüssel, zumal sowohl beim Team des Kreiskrankenhauses Bergstraße (KKB) als auch bei den Patienten eine große Sprachenvielfalt herrscht. Wie dieses in diesem Bereich aufgestellt ist, mit der Sprachenvielfalt umgeht und warum dies für die künftige Gesundheitsversorgung von Bedeutung ist.

„Aus aller Herren Länder kommen die Menschen zu uns, um hier zu arbeiten, was sicher auch in der guten Lage in der Metropolregion Rhein-Neckar liegt“, erläutert Ute Stadtmüller, seit mehr als 30 Jahren als Lehrerin für Pflegeberufe, der heutigen Pflegepädagogik, angestellt. Hierbei ist sie einerseits für die innerbetriebliche Fortbildung zuständig, andererseits fungiert sie seit sieben Jahren als Integrationsbeauftragte.

Knapp ein Drittel der Ärzte des KKH hat einen Migrationshintergrund

„Es macht mir nach wie vor große Freude, hier zu arbeiten, weil ich es liebe, mit den Menschen zu sprechen und jemandem etwas beizubringen“, betont die gelernte Krankenschwester, zu deren Aufgabengebiet auch die Einführung der neuen Mitarbeiter gehört. „Wir sind ein Haus mit sehr vielen, multikulturellen Mitarbeitern und haben hier dadurch jede Menge Sprachen.“ Alleine knapp ein Drittel der Ärzte des KKH hat einen Migrationshintergrund, ebenso wie viele weitere Mitarbeiter.

Um diese für die Kommunikation mit den Patienten zu nutzen, wurde eine Dolmetscherliste erstellt. Wichtig sei, dass sich die einzelnen Teams fachbereichsübergreifend unterstützen. 35 Sprachen sind auf der Liste mit insgesamt 110 Menschen vorhanden, von Englisch über Russisch, Türkisch und Arabisch bis Eritreisch, Polnisch und den Sprachen der Balkanländer.

“Wir sind ein Haus mit sehr vielen, multikulturellen Mitarbeitern und haben hier dadurch jede Menge Sprachen.” (Ute Stadtmüller, Integrationsbeauftragte, Kreiskrankenhaus Bergstraße)

„Das passt zu den Menschen, die als Patienten zu uns kommen. Hier können Menschen mit Menschen sprechen, die ihre Sprache können und sie verstehen“, so Ute Stadtmüller. „Bei jedem neuen Mitarbeiter frage ich am ersten Tag, welche Sprachen diese sprechen oder aus welchem Heimatland sie kommen. Diese landen dann in unserer Dolmetscherliste. Dabei haben wir Sprachwunder, ein Mitarbeiter spricht acht Sprachen!“

Dadurch gebe es relativ große Chancen, dass man einen Muttersprachler antrifft, was zur besseren Verständigung beiträgt. „Unsere Welt ist voller Multikulti und Vielfalt, das spiegelt sich hier wider. Voneinander lernen ist dabei eine tolle Bereicherung“, so Stadtmüller.

Einfache Sprache als Basis

Darüber hinaus werden auch Angehörige mit eingebunden, aber bei allen, die allein kommen, wird über das Personal versucht die Sprachschwierigkeiten zu überwinden. Dies sei manchmal schwierig, da es sich immer um eine Akutsituation handele, in der die Menschen Angst und Schmerzen sowie dramatische Situationen mitbringen.

Dabei gibt es in der Kommunikation klare Vorgaben: Eine einfache Sprache sei wichtig, ebenso wie möglichst Hochdeutsch zu sprechen und kurze Sätze sowie möglichst geschlossene Fragen zu formulieren. Und: Man muss dem Anderen Zeit zum Überlegen einer Antwort geben.

Gerade wenn fremdsprachig Symptome erklärt werden, kann es kritisch werden. Ärzte seien hier besonders gefordert, gerade wenn es darum geht, die Diagnose zu vermitteln und wie die nächsten Behandlungsformen aussehen oder welche Operation notwendig ist.

Aufklärung in bis zu 16 Sprachen

„Hier sind wir als Kreiskrankenhaus sehr gut vorbereitet: Für die Ärzte haben wir Aufklärungsbögen in bis zu 16 Sprachen“, so Ute Stadtmüller. Wobei differenziert wird, welche Bereiche besonders häufig benötigt werden. Die pflegerische Anamnese sei sogar in 17 Sprachen vorhanden.

Im Bereich der Hebammen und der Mutter-Kind-Station wurden darüber hinaus für Frauen, die in der Geburt unterwegs sind, besondere Hilfsmittel erarbeitet: Mit speziellen Übersetzungskarten mit Piktogrammen, die alles erklären, was in der Geburtshilfe notwendig ist.

Die Neugeborenen erhalten zudem im Kreiskrankenhaus noch die U2 durch den Kinderarzt, die Termine werden dabei so abgesprochen, dass immer ein Angehöriger kommt, der die Informationen der U2 an die Mutter weitergeben kann. Dies geschieht, um das Kindeswohl nicht aufgrund von Verständnisschwierigkeiten zu gefährden.

Ein wesentlicher Bestandteil der Kommunikation und des Verständnisses sei die Nutzung von Smartphones und entsprechender Übersetzungs-Apps. „Viele Menschen, die von sich selbst aus das Gefühl haben, nicht gut genug Deutsch zu sprechen, nutzen dies intensiv“, weiß Stadtmüller. Aber eben nicht alle. Daher gibt es nach wie vor Unterlagen in Papier mit entsprechenden Übersetzungen.

Besondere Aufklärung in der Notaufnahme

In der Notaufnahme läuft im Wartebereich ein Aufklärungsvideo zu den Wartezeiten in Englisch, Russisch, Arabisch und Türkisch, damit die Menschen verstehen, warum sie unter Umständen länger warten müssen, da hier nach der Dringlichkeit der Fälle behandelt wird und nicht nach der Reihenfolge des Eintreffens. Dies habe zur Entspannung der Situation vor Ort beigetragen.

Ein weiterer Aspekt der Vielfalt am KKB zeigt sich bei der Gewinnung von neuen Mitarbeitern: „Wir haben über 30 Menschen aus Bosnien und Tunesien als Pflegekräfte aktiv angeworben, dank hervorragender Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit und der Bundesagentur für Arbeit. Die Pflegedirektion hat sich aktiv dazu entschlossen, in diesem System mitzumachen“, erläutert sie.


“Sprache ist der Schlüssel für die Integration, um hier im Land Fuß zu fassen, in den Teams anzukommen und gut mit den Patienten sprechen zu können.” (Ute StadtmüllerIntegrationsbeauftragte, Kreiskrankenhaus Bergstraße)

Grundvoraussetzung für die Teilnahme sei B1 als Sprachniveau bereits vor der Einreise. „In den ersten Tagen werden organisatorisch Angelegenheiten vom Integrationsteam des Projektes Triple Win erledigt. Dann geht es für drei Monate in die Sprachschule, in der auch gezielt die Pflegefachsprache erlernt wird. Denn Sprache ist der Schlüssel für die Integration, um hier im Land Fuß zu fassen, in den Teams anzukommen und gut mit den Patienten sprechen zu können. Aber natürlich auch, um gut in den Behandlungsverlauf eingreifen und Informationen und Beobachtungen bei Übergaben weitergeben zu können.“

Wichtig sei darüber hinaus die aktive Betreuung der neuen Pflegekräfte durch das Team vor Ort. Klar ist: „Beide Seiten benötigen Geduld, Offenheit und den Wunsch, sich verstehen zu wollen“, betont Stadtmüller.

Fachkräfte aus anderen Ländern unerlässlich

Für das Kreiskrankenhaus und die Versorgung der Patienten sei es unerlässlich, Fachkräfte in Ländern wie Bosnien und Tunesien zu finden. „Dadurch, dass die Babyboomer in den Ruhestand gehen, gibt es nach diesen weniger Menschen, die für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Gleichzeitig bleibt der Bedarf an Behandlungen groß. Ich bin sehr freudig, diese Arbeit zu machen, denn so kann ich dafür sorgen, dass Menschen zu uns kommen. Damit zumindest die Versorgung am Kreiskrankenhaus in der Pflege gewährleistet ist.“ Auch die Ärzte seien engagiert, entsprechenden Nachwuchs ins Haus zu bekommen.

„Dies ist die Triebfeder und die Sinnhaftigkeit meines Tuns, diese Menschen gut zu begleiten.“ Eine Seite sei dabei der fachliche Aspekt, aber es sei ebenso wichtig, Menschen zu finden, die man als Freunde bezeichnen kann. „Es kommen in diesem Projekt keine Arbeitskräfte, sondern Menschen, und diese müssen in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit angenommen und begleitet werden, damit sie ihren Platz finden und sich wohlfühlen.“

Das Wichtigste aber sei bezahlbarer und wenn möglich möblierter Wohnraum, idealerweise in der Nähe des Kreiskrankenhauses. Auch hier leiste das KKB wichtige Unterstützung, allerdings sei in diesem Bereich insbesondere die Politik gefordert. „Darum kümmere ich mich und das macht mir Freude“, so Ute Stadtmüller, die das KKB gerade im Bereich Integration gut für die Zukunft aufgestellt sieht.

Von Benjamin Kloos

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Kreiskrankenhaus Bergstraße in Heppenheim © Thorsten Gutschalk