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Wie das Kreiskrankenhaus gegen gefährliche Keime vorgeht

Aktuelles und Pressemitteilungen | 20.03.2025

Heppenheim. Multiresistente Keime, gegen die inzwischen viele Antibiotika machtlos sind, machen immer mal wieder Schlagzeilen. Vor allem dann, wenn sie in Krankenhäusern auftreten oder zu schweren Komplikationen bei Patienten führen. Doch wie gefährlich sind die Erreger wirklich? Und was tut das Heppenheimer Kreiskrankenhaus Bergstraße (KKB), um besagte Komplikationen zu verhindern? Die Leitende Hygienefachkraft am KKB, Claudia Hasslinger, bringt „UV-Licht“ ins Dunkel der besorgniserregenden Bakterien.

„Für die multiresistenten Erreger hat sich fälschlicherweise das Wort ,Krankenhauskeime’ eingebürgert. Das Paradebeispiel dafür ist MRSA, Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus. Doch diesen Erreger gibt es unter anderem auch in der Tierzucht“, sagt Hasslinger. Tatsächlich entstünden die MRSA-Keime durch die unkritische Gabe von Antibiotika oder wenn Patienten ihr Antibiotikum nicht vorschriftsgemäß nähmen und beispielsweise früher absetzten.

„So kann ein Erreger Resistenzen gegen die Antibiotika entwickeln und wenn er dann in einer Wunde ist, kann er Probleme machen.“ Das Bakterium Staphylococcus aureus ist bei vielen Menschen etwa in der Nase oder auf der Haut zu finden. Viele Varianten sind inzwischen gegen Antibiotika resistent und können bei einem geschwächten Immunsystem auch zu einer Blutvergiftung führen, falls sie in eine Wunde gelangen.

Soweit soll es am Kreiskrankenhaus jedoch gar nicht erst kommen. Patienten, die bestimmte Kriterien erfüllen, werden bei der Aufnahme direkt auf multiresistente Keime getestet. „Die allermeisten Patienten, bei denen solche Erreger festgestellt werden, bringen ihn bereits mit“, erläutert Hasslinger, die neben ihrer Ausbildung als Krankenschwester auch eine zweijährige berufsbegleitende Weiterbildung zur Hygienefachkraft absolviert hat. Pro Jahr würden etwa 30 Personen am KKB positiv auf MRSA getestet. „Vor 20 Jahren waren das noch viel, viel mehr“, sagt sie.

Einzelunterbringung zum Schutz der anderen Patienten

Wer einen multiresistenten Erreger hat, der erhält ein Einzelzimmer oder muss sein Zimmer mit Jemandem teilen, der den gleichen Erreger hat. „Das dient dem Schutz der anderen Patienten, denn es besteht die Gefahr, dass eine Übertragung erfolgt. Die Keime können bis zu zwölf Monate auf unbelebten Flächen überleben.“ Das Personal trägt dann Schutzkleidung, die Zimmer werden nach dem Aufenthalt gründlich desinfiziert.

Auch die MRSA-Patienten selbst erhalten eine „Sanierung“, wie Hasslinger erläutert. Der Erreger werde quasi „weggewaschen“. „Wir behalten die Patienten fünf Tage da. Danach sind über 90 Prozent der Tests wieder negativ. Man wird die Keime also im Krankenhaus wieder los.“

Einige Erreger sind gegen alle vier Wirkstoffgruppen resistent

Neben MRSA gibt es jedoch noch viele weitere „multiresistente gramnegative Bakterien“ (MRGN). Sie werden in zwei Gruppen eingeteilt: 3MRGN und 4MRGN. „Diese Erreger sind nicht per se schlimmer, aber gegen Leitsubstanzen der Antibiotika-Wirkstoffgruppen resistent“, erklärt Hasslinger. Vier solcher Gruppen gibt es, 3MRGN sind gegen drei davon resistent, 4MRGN gegen alle vier. „Die Letzteren sind bei uns aber extrem selten.“ In südeuropäischen Ländern gebe es damit größere Probleme als nördlich der Alpen.

Im Fall der Fälle gebe es noch Reserveantibiotika, die dann zum Einsatz kämen. Oder bei einer chronischen Wunde werde der Erreger operativ entfernt. „Wir hatten vor Jahren den Fall eines Patienten mit 4MRGN, der in unser Haus verlegt wurde, der hatte bereits Jahre damit gelebt.“

Wenn keine Antibiotika-Gabe mehr erfolgt, kann auch ein 4MRGN mit der Zeit die Fähigkeit verlieren, sich gegen das Antibiotikum zur Wehr zu setzen.

Claudia Hasslinger Leitende Hygienebeauftragte am Kreiskrankenhaus Bergstraße

Die gute Nachricht: Wer einen multiresistenten Erreger hat, kann ihn auch wieder ganz ohne ärztliches Zutun loswerden. „Wenn keine Antibiotika-Gabe mehr erfolgt, kann auch ein 4MRGN mit der Zeit die Fähigkeit verlieren, sich gegen das Antibiotikum zur Wehr zu setzen“, sagt Hasslinger. Damit die Ärzte am KKB wissen, mit welchen Resistenzen sie im Kreis Bergstraße zu rechnen haben, gibt es am KKB und der Uniklinik Heidelberg ein Antibiotics Stewardship Team. Dort werden Resistenzlisten geführt und Empfehlungen ausgesprochen, welches Antibiotikum in welcher Situation gegeben werden soll. „So kann viel individueller auf die Erreger eingegangen werden.“

Ein großes Thema ist und bleibt im Krankenhaus aber auch die Händedesinfektion. Pflegekräfte, Ärzte und jedes weitere Personal muss einmal im Jahr eine Hygienefortbildung machen. In jeder Fachabteilung gibt es einen Arzt, der sich über 40 Stunden zum Hygienebeauftragten weitergebildet hat. Ähnlich sieht es bei den Pflegekräften aus.

Zudem gibt es monatliche Besprechungen mit der Leitenden Hygienefachkraft. „Erst kürzlich haben wir ein Flächendesinfektionsmittel getauscht, weil Studien gezeigt haben, dass es ein anderes noch wirksamer ist. Solche Infos müssen zügig auf die Stationen kommen“, sagt Hasslinger. Die Geräte zum Anmischen mussten alle umgestellt und die alten Vorräte entfernt werden, damit es nicht zu unbeabsichtigten Reaktionen unter den Mitteln komme.

Händedesinfektion bleibt das A und O

Ebenfalls gibt es regelmäßige Schulungen zur Händedesinfektion. Dabei kommt ein Mittel zum Einsatz, das unter UV-Licht weiß aufleuchtet: Beim Selbstversuch wird klar, wie schwierig es ist, die Hände trotz Anleitung komplett zu desinfizieren: Auf den Rücken der vorderen Fingerglieder bleibt es dunkel und auch auf dem Handrücken kommt das Mittel nur mäßig an.

„Besonders Männer haben damit wegen der Haare ihre Schwierigkeiten“, tröstet Hasslinger und rät, beim Betreten und Verlassen des Krankenhauses die Hände zu desinfizieren und Keimen damit den Gar auszumachen. „Zuhause braucht es das inzwischen nicht mehr. Da reichen Wasser und Seife beim Händewaschen vollkommen aus“, sagt die Hygienefachfrau.

TR

Redaktion: Thomas Riedel

Foto: © Dagmar Jährling

Der Artikel erschien zuerst im Echo und ist hier im Original abrufbar.